Jenseits der Zweigeschlechtlichkeit - Queer Easter 2013
Beim 14. „Queer Easter“-Seminar zu lesbischwultrans* (LSBT) Lebensweisen haben 130 junge Leute aus ganz Europa vom 25.03. bis 01.04.2013 über die Überwindung der Zweigeschlechtlichkeit diskutiert.
„Es gibt, selbst bei uns in der Bildungsstätte, eine Männer- und eine Frauentoilette, wie üblich. Was aber machen Menschen, die sich in ihrer Geschlechtsidentität nicht eindeutig zuordnen können oder wollen? Welche Tür sollen die nehmen?“
Es ist eine einfache Frage, die Tim Scholz stellt. In der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein ist er verantwortlich für „Queer Easter“. Das Seminar zu lesbischwultrans* (LSBT) Lebensweisen fand vom 25. März bis zum 01. April 2013 statt und hat 130 junge Leute aus 23 europäischen Ländern zusammengeführt, einschließlich Israel und Palästina. Auf Englisch haben sich die 18- bis 26-Jährigen eine Woche lang in Workshops, Diskussionsrunden und Medienarbeitsgruppen intensiv mit dem Thema "Zweigeschlechtlichkeit und Transgender" auseinandergesetzt.
Wer – englisch ausgesprochen – „queer“ lebt und denkt, liegt meist quer zu dem, was in der Gesellschaft als „normal“ definiert wird – insbesondere in Bezug auf die Einteilung in zwei Geschlechter: Mann und Frau. „In dieser Woche haben wir diskutiert, wie in den jeweiligen Gesellschaften Geschlechter konstruiert werden, wie solche Konstruktionen sich auf queere Lebensweisen auswirken und wie diese Einteilung von Menschen in Schubladen überwunden werden kann“, berichtet Scholz. Dabei wurden vor allem Trans*Menschen in den Blick genommen, Personen also, die das Gefühl haben, ihr Körper entspreche nicht der Geschlechtsidentität, der sie sich zugehörig fühlen.
Mit dem eingangs angeführten Toilettentür-Dilemma will Scholz deutlich machen, welche Auswirkungen der Zwang, sich öffentlich einem bestimmten Geschlecht zuordnen zu müssen, im Alltag auf Trans*Menschen hat. Wie deren Lebenssituation gesellschaftlich stärker wahrnehmbar gemacht werden könnte und welche Rolle Jugendverbände dabei spielen können, war zentrales Thema des diesjährigen „Queer Easter“-Seminars.
Der Austausch zwischen Jugendverbänden und Aktivist_innen aus lesbischwultrans* Verbänden stellt seit 14 Jahren eine Besonderheit von „Queer Easter“ dar. Tim Scholz freut sich, dass in diesem Jahr diesbezüglich ein neuer Rekord zu verzeichnen war: Aus 34 Organisationen sind Teilnehmende angereist. Als deutsche Organisationen waren neben der gastgebenden Sozialistischen Jugend Deuschlands – Die Falken auch das Jugendnetzwerk Lambda und die Jusos beteiligt. Stark vertreten waren Verbände aus Osteuropa, wo sich Schwule, Lesben und Trans*Menschen vielerorts mit massiver staatlicher Diskriminierung und gesellschaftlichem Hass auseinandersetzen müssen.
Dass es unter diesen Umständen gelungen ist, selbst aus Ländern wie Armenien und Weißrussland Menschen die Teilnahme zu ermöglichen, freut nicht nur den Organisator Scholz. Auch Nora aus Armenien ist begeistert: „Ich habe in dieser Woche so viele tolle Menschen aus ganz Europa kennengelernt“, sagt sie und fühlt sich in ihrem Engagement bestätigt: „Es macht Mut zu wissen, dass es überall Menschen gibt, die sich für das Gleiche einsetzen wie ich.“
Und die Toiletten-Frage? Wie wurde das Problem in der Seminarwoche gelöst? Lea aus Berlin lacht: „Wir haben die Toiletten einfach als Unisextoiletten markiert und sind eben da aufs Klo gegangen, wo wir grade wollten.“ Wenigstens für eine Woche wurde die Zweigeschlechtigkeit offensichtlich schon mal überwunden.
„Queer Easter“ wird organisiert von der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein in Kooperation mit den internationalen Dachverbänden der SJD – Die Falken ECOSY, IUSY und IFM-SEI.