Medienbildung ist Wertebildung: Rückblick auf die Fachtagung „Medien bilden, aber wie“
Die Fachtagung, die am 01. und 02.03.2016 in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin stattfand, nahm den Umgang mit Vorurteilen im pädagogischen Bereich in den Blick und beleuchtete die Wertebildung durch Medien. Ein wichtiges Thema für Auszubildende im Erziehungsbereich, wie sich zeigte.
Die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein arbeitet seit 2014 in einem Projekt mit Berufsschulen zusammen, in denen junge Menschen zu Berufen im Erziehungsbereich ausgebildet werden. „In diesem Projekt geht es darum, die eigenen Vorurteile in den Blick zu nehmen und darüber nachzudenken, woher sie kommen und wie wir sie – womöglich unbewusst – weitergeben“, erläutert der verantwortliche Bildungsreferent Frank Hofmann.
Dass Medien einen großen Einfluss auf die persönliche Wertebildung haben, darin waren sich auch auf der Fachtagung alle einig, die im Rahmen des Projekts der Bildungsstätte am 1. und 2. März 2016 in Berlin stattfand. Unter dem Titel „Medien bilden, aber wie“ ging es um die pädagogische Auseinandersetzung mit Vorurteilen – und was Medienbildung dazu beitragen kann. In den neuen Räumen der Berliner Landeszentrale für politische Bildungsarbeit kamen verschiedene Experten zu Wort, aber auch Kooperationspartner_innen der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein.
Kerstin Kersten ist als Lehrerin am Potsdamer Oberstufenzentrum Johanna Just für die Ausbildung von Sozialassistent_innen verantwortlich und hat das Projekt mit der Jugendbildungsstätte in den letzten Jahren begleitet. In der Podiumsdiskussion machte sie deutlich, wie wichtig sie diese Zusammenarbeit inzwischen findet: Weder Medienpädagogik noch die Auseinandersetzung mit Vorurteilen hätten bislang eine große Rolle in der Ausbildung gespielt – die Kooperation habe dies geändert.
Die angehenden Sozialassistent_innen hätten in Werftpfuhl zum ersten Mal über eigene Vorurteile nachgedacht und sich darüber ausgetauscht. Durch eine andere Form des Lernens seien die Auszubildenden zu neuen Erkenntnissen gekommen. Diese positiven Erfahrungen hätten die Schule überzeugt, die Seminarwoche in Werftpfuhl zukünftig fest in den Lehrplan aufzunehmen.
Bildungsreferent Hofmann zeigte sich über diese Entwicklung sehr erfreut. Er betonte, dass sich außerschulisches Lernen in einer Bildungsstätte von den Möglichkeiten der Schule unterscheide: In kleineren Gruppen mit viel mehr Zeit und dem Zugang zu Medientechnik sei ein anderes Lernen möglich.
Ein Einblick in die im Projekt eingesetzen Methoden bot sich den Teilnehmenden in verschiedenen Workshops am zweiten Tag. An beiden Tagen nahmen auch Lehrer_innen aus Berufsschulen mit zahlreichen Student_innen und Azubis teil. Einige Pädagog_innen wünschten sich ausdrücklich mehr Kooperation mit Akteuren der politischen Bildung und mehr Handreichungen für Lehrer_innen an Berufsschulen. Der Wunsch kam an: Arno Busse von der Bundeszentrale für politische Bildung nahm die Anregung ebenso auf wie der anwesende Leiter der Berliner Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Thomas Gill.
Was Medienbildung leisten kann, machte der Darmstädter Professor Franz Josef Röll in seinem Gastvortrag deutlich: Die eigenen Denkweisen und Vorurteile könne man erkennen, indem man sich über seine „inneren Bilder“ klar werde. Medienbildung ermögliche die Erweiterung von Perspektiven mit ästhetischen Mitteln. Leider, so betonte Röll, würde die Medienpädagogik gegenwärtig nur eine Nischenexistenz in der Ausbildung von Pädagog_innen fristen.
Während Röll die Chancen hervorhob, sich mit Hilfe von Medien die Wirklichkeit anzueignen, wies der andere Gastredner auf Risiken hin: Der bekannte Sozialpsychologe Professor Harald Welzer betonte, dass beispielsweise durch das Smartphone eine technische und mediale Revolution im Gange sei, deren Ausmaß wir noch nicht beurteilen könnten.
Gerade für junge Menschen seien die Auswirkungen von großer Bedeutung: In Zeiten, in denen Kinder mit Barbies spielten, die mittels W-Lan-Verbindung die heimlichen Gespräche an die Eltern – und an Konzerne – meldeten, sei ein Aufwachsen in eigenen, ungestörten Erfahrungsräumen kaum noch möglich. Soziale Netzwerke wie Facebook schafften das Risiko, dass man nur noch eine gefilterte Sichtweise auf die Welt bekäme, in der die eigenen Vorurteile lediglich bestätigt würden – die sogenannte „Ich-Blase“. Wie es gelingen könnte, darin „einzudringen“, wusste auch Professor Welzer nicht zu sagen.
Dennoch, so scheint es, hatte die Fachtagung darauf eine Antwort: Durch die pädagogische Arbeit in Projekten wie dem der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein scheint es zu gelingen, junge Menschen zu erreichen, zum Nachdenken über die „inneren Bilder“ zu bringen und ihre Perspektiven zu erweitern.
Übersicht über das Veranstaltungsprogramm
Seminarreihe „Medien bilden - aber wie?“
Die Fachtagung „Medien bilden, aber wie“ wurde in Zusammenarbeit mit der Berliner Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung durchgeführt.