Gemeinsame Ferien in Frieden: Kultursommer 2014 mit Jugendlichen aus der Ukraine, Polen und Deutschland

28.07.2014 | 

"Express yourself!" was das Motto des Kultursommers vom 20. - 27.07.2014, zu dem erstmals auch Jugendliche aus der Ostukraine angereist sind.

Eine bunte Begegnung: Der Kultursommer 2014

Einander begegnen, miteinander kreativ werden und zusammen unbeschwerte Ferientage verbringen – für eine Woche sind 60 Kinder und Jugendliche von 12 bis 16 Jahren in die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein gekommen. Nach Werftpfuhl sind sie aus Deutschland und Polen angereist – und erstmalig auch aus der Ukraine.

Fünf Mädchen und ein Junge aus der umkämpften Region Donezk in der Ostukraine konnten zusammen mit einer Betreuerin und einem Dolmetscher an der Begegnung teilnehmen. In ihrer Heimat ist die Situation gefährlich: Prorussische Separatisten haben das Kriegsrecht über Gebiete verhängt, in denen gekämpft wird. Der angespannten Lage sind die Jugendlichen vorübergehend entflohen und haben eine Woche in Frieden verbracht, gemeinsam mit Gleichaltrigen, die je zur Hälfte aus Berlin und Brandenburg und aus den polnischen Städten Danzig, Krakau und Lublin kamen.

Schnell ist gefallen, was einander getrennt hat - auch beim gemeinsamen Spielen.

Der „deutsch-polnische Kultursommer“ fand bereits zum neunten Mal statt, diesmal erstmalig als trilaterales Projekt mit der Ukraine. Die Initiative dazu ging vom deutsch-polnischen Jugendwerk aus, wie Katarzyna Kolaczynska, Leiterin der Begegnung, berichtet. „Wir haben den ukrainischen Jugendlichen die Teilnahme gern ermöglicht“, sagt Kolaczynska, „aber wir mussten bis zum Schluss zittern, ob alles klappt – und auch die Organisation der Rückkehr erwies sich als äußerst kompliziert“.

Dennoch ist Kolaczynska sehr glücklich über den Erfolg der Begegnung. „Die Teilnehmenden sind schnell miteinander vertraut geworden, trotz anfänglicher Vorurteile und Sprachbarrieren: Vor allem durch die vielfältigen Aktivitäten konnten sie leicht untereinander Kontakte aufbauen“, berichtet Kolaczynska. Das Programm umfasste Ausflüge nach Berlin und an den See, Klettern, Sport und Lagerfeuer, vor allem aber kreative Workshops: „Express yourself“ lautete das Motto, und das Angebot reichte von „Land Art“ bis zum Zeichnen von Mangas, vom Video-Dreh bis zum Entwickeln artistischer Zirkuskunststücke. Am letzten Tag wurden die Ergebnisse der Workshops unter großem Applaus der gesamten Gruppe präsentiert, wozu auch Freunde und Familie eingeladen waren.

Ergebnisse aus den Workshops werden begutachtet, hier: Linolschnitt.

Die Sehnsucht nach den Verwandten in der Ukraine war bei den Jugendlichen natürlich groß. Täglich standen sie in Kontakt mit der Heimat und erfuhren regelmäßig, wie sich die Lage verschlechtert hatte. Gerne hätten auch sie am Sonntag ihre Familien wiedergesehen, aber die Situation hatte sich unterdessen so weit verschärft, dass eine Rückkehr in die Ostukraine nicht möglich schien: Mit einer Ausnahme wurden die Jugendlichen von Freunden und Verwandten in Kiew aufgenommen.

Das Thema Ukraine und die politische Sitiation vor Ort stand natürlich auch während der Woche immer wieder im Raum. Die Jugendlichen wollten aus eigenem Interesse mehr darüber erfahren, wie Katarzyna Kolaczynska berichtet. Viele wurden zum Nachdenken über ihren eigenen Alltag angeregt: „Einige Jugendliche haben gesagt, dass ihnen ihre eigenen Probleme angesichts der Lage in der Ukraine plötzlich als gering erschienen“, erzählt Kolaczynska.

Ukrainische Jugendliche vorm Reichstagsgebäude beim Ausflug nach Berlin.

„Für alle Beteiligten, insbesondere aber die ukrainischen Jugendlichen, war es eine sehr emotionale Begegnung“, fasst Kolaczynska zusammen, „sie konnten ihre Vorurteile gegenüber Deutschland widerlegen und sich für acht Tage in Sicherheit fühlen, ohne Schüsse in der Ferne.“ Die Traurigkeit beim Abschied wurde dadurch aufgeheitert, dass die Teilnehmenden aus Deutschland und Polen zum Abschied eine kleine Überraschung vorbereitet hatten: In einem Videointerview konnten alle den Ukrainer_innen ein paar freundliche Worte mit auf den Weg geben.

Kolaczynska ist sich sicher, dass die gewachsene Verbindung untereinander auch in Zukunft fortbesteht. Über soziale Netzwerke sind die Jugendlichen bereits miteinander in Kontakt. Und wie schon nach der Begegnung im letzten Jahr haben sich auch diesmal schon viele miteinander fest verabredet: Im Jahr 2015 wollen sie wieder zum „Kultursommer“ nach Werftpfuhl kommen.

Der Kultursommer wurde unterstützt vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk.

Bildungsbereiche: