40-jähriges Jubiläum der Bildungsstätte

02.10.2015 | 

Am 13.09.2015 feierte die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein ihr 40-jähriges Bestehen. Dabei wurde Rückblick gehalten und der Ausblick gewagt.

Geschäftsführerin Christine Reich (v.l.) mit den Gästen (v.l.n.r.) Thomas Gill (ehem. Geschäftsführer, Leiter der Landeszentrale für pol. Bildung Berlin), den Brandenburger Landtagsabgeordneten Thomas Günther, Gerrit Große und Britta Müller sowie der Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres
Geschäftsführerin Christine Reich (v.l.) mit den Gästen (v.l.n.r.) Thomas Gill (ehem. Geschäftsführer, Leiter der Landeszentrale für pol. Bildung Berlin), den Brandenburger Landtagsabgeordneten Thomas Günther, Gerrit Große und Britta Müller sowie Senatorin Sandra Scheres.

Zur Feier ihres 40-jährigen Bestehens hatte die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein nach Werneuchen eingeladen, wo sie seit 1997 ihren Sitz hat. Über 100 Freund_innen und Weggefährt_innen haben am Sonntag, dem 13. September, gemeinsam mit den aktuellen Mitarbeiter_innen gefeiert und diskutiert. Zu den Gästen zählten auch die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres, die Brandenburger Landtagsbgeordneten Gerrit Große, Thomas Günther und Britta Müller sowie Peter Hockenholz, Neffe des Berliner Sozialdemokraten Kurt Löwenstein, nach dem die Bildungsstätte benannt wurde.

René Faust erhielt die Urkunde zum Ehrenamtspreis aus den Händen von Gerrit Große (MdL Brandenburg).
René Faust erhielt die Urkunde zum Ehrenamtspreis aus den Händen von Gerrit Große (MdL Brandenburg).

Zu Beginn wurde die Urkunde des Ehrenamtspreises des Landes Brandenburg durch Gerrit Große verliehen. Ausgezeichnet wurde René Faust, der sich seit Jahren in verschiedenen leitenden Funktionen ehrenamtlich beim Jugendverband der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken engagiert, in deren Trägerschaft die Bundesbildungsstätte in Werftpfuhl ist.

In einer Ausstellung wurden Fotos, Zeitungsartikel und Dokumente aus 40 Jahren Bildungsarbeit präsentiert. Dabei wurde deutlich, wie sich die Inhalte und ihre Vermittlung in dieser Zeit verändert haben. Zugleich zeigten Fotos eindrucksvoll die räumlichen Veränderungen, die die Bildungsstätte mitgemacht hatte.

Auf der Terasse versammelten sich die Gäste zur Begrüßung.
Auf der Terasse versammelten sich die Gäste zur Begrüßung.

Der Verein der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein wurde 1975 gegründet. Bis 1997 hatte sie ihren Sitz in einem unscheinbaren Gebäude in Berlin-Spandau. Seit ihrem Umzug belebt die Bildungsstätte die Räume des 1907 gegründeten „Johanna-Heims“ in Werftpfuhl, das vom Berliner Industriellen Eduard Arnhold als Waisenheim für Mädchen gestiftet und nach seiner Ehefrau benannt wurde. Das Land Berlin, dem das Gelände gehört, übertrug der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein 1994 die Nutzung. In den Folgejahren und auch nach dem Einzug im Jahr 1997 wurden das großzügige Areal und die hohen Gebäude bei laufendem Betrieb der Bildungsstätte stetig saniert und erweitert. Mit dem Ausbau des Dachs und des Turms des Hauptgebäudes konnten die Arbeiten in diesem Jahr zunächst abgeschlossen werden.

Volker Brünjes (l.) und Wolfgang Hecht ließen die ersten zwanzig Jahre der Bildungsstätte Revue passieren.
Volker Brünjes (l.) und Wolfgang Hecht ließen die ersten zwanzig Jahre der Bildungsstätte Revue passieren.

Rückschau auf die vergangenen 40 Jahre wurde im ersten von zwei Podiumsgesprächen gehalten, in dem Personen zu Wort kamen, die zu verschiedenen Zeiten in der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein aktiv waren. Volker Brünjes berichtete aus der Anfangszeit, als die Bildungsstätte sehr frei in ihrer Programmgestaltung war. Bereits damals wollte man nicht nur für den eigenen Jugendverband da sein, sondern auch ganz andere Zielgruppen erreichen, z.B. arbeitslose Jugendliche in den 80er-Jahren, was eine Besonderheit unter den Bildungsstätten darstellte. Wolfgang Hecht erzählte von den Anfängen der internationalen Seminare: Jugendbegegnungen mit der Sowjetunion habe es in West-Berlin sonst nirgendwo gegeben.

Katrin Krumrey und Thomas Gill berichteten über die Diskussionen anlässlich des Umzugs von Berlin nach Werftpfuhl.
Katrin Krumrey und Thomas Gill berichteten über die Diskussionen anlässlich des Umzugs von Berlin nach Werftpfuhl.

Über das nicht immer reibungslose Spannungsverhältnis zwischen dem Jugendverband und seiner Bildungsstätte sprach Katrin Krumrey, die in den 90er-Jahren den Landesverband Brandenburg führte. Als die Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein von Berlin nach Brandenburg umzog, wurde sie zugleich zur zweiten Bundesbildungsstätte der SJD-Die Falken erklärt, was die Anbindung an den Verband intensiviert habe. Von mehreren wurde die Rolle von Thomas Gill beim Ausbau und der finanziellen und inhaltlichen Ausgestaltung der „Fast-Ruine“ in Werftpfuhl gewürdigt. Er war von 1997 bis Mai 2014 Geschäftsführer der Bildungsstätte und ist seitdem Leiter der Berliner Landeszentrale für politische Bildung. Gill verwies auf die Bedeutung des Jugendverbands im Hintergrund, der sich auch als „Bildungsverband“ verstehe.

Auf dem zweiten Podium (v.l.n.r.): Britta Müller (MdL Brandenburg), Josephin Tischner (Bundesvorsitzende SJD-Die Falken), Moderator Julian Holter, Sandra Scheeres (Bildungssenatorin Berlin), Christine Reich (Geschäftsführerin der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein)
Auf dem zweiten Podium (v.l.n.r.): Britta Müller (MdL Brandenburg), Josephin Tischner (Bundesvorsitzende SJD-Die Falken), Moderator Julian Holter, Sandra Scheeres (Bildungssenatorin Berlin), Christine Reich (Geschäftsführerin der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein)

Die „Herausforderungen und Perspektiven der außerschulischen Jugendbildung“ wurden in einer Diskussionsrunde beleuchtet, in der Sandra Scheeres, Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft des Landes Berlin, zu Wort kam. Mit ihr auf dem Podium saßen Britta Müller, Landtagsabgeordnete in Brandenburg, Josephin Tischner, Bundesvorsitzende der SJD-Die Falken und Christine Reich, Geschäftsführerin der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein.

Alle Gesprächspartnerinnen betonten, dass es gerade jetzt die Aufgabe von Jugendbildung sei, jungen Menschen Akzeptanz zu vermitteln und sie gegen Fremdenfeindlichkeit zu stärken. Geschäftsführerin Reich betonte, dass dies bereits in der Vergangenheit ein Schwerpunkt der Arbeit der Bildungsstätte gewesen sei und verwies auf das neue Projekt im Programm „Demokratie leben“, das genau diese Zielsetzung habe.

Einigkeit bestand auch darin, dass außerschulische Bildungsarbeit Demokratie und Werte vermitteln müsste, angesichts einer wachsenden „Demokratieferne“ unter vielen Jugendlichen. Josephine Tischner stellte sogar eine „erhöhte Demokratiefeindlichkeit in der Gesellschaft“ fest, der sie „noch mehr Demokratie“ entgegensetzen wollte.

Das interessierte Publikum (vorne rechts: die Falken-Bundesvorsitzenden Immanuel Benz und Josephin Tischner)
Das interessierte Publikum (vorne rechts: die Falken-Bundesvorsitzenden Immanuel Benz und Josephin Tischner)

In diesem Zusammenhang brachte Bildungssenatorin Scheeres ihre Hochachtung vor der Arbeit der Bildungsstätte zum Ausdruck: „Hier wird Demokratie gelernt.“ Mitbestimmung werde ermöglicht und erlebt. Insgesamt sei ein anderes Arbeiten als in der Schule möglich. Deshalb sei sie umso erfreuter über die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bildungsstätte und Schulen, betonte Scheeres.

Auf die Bedeutung des demografischen Wandels verwies Britta Müller: Gerade in schrumpfenden ländlichen Regionen drohten Jugendliche „abgekoppelt“ zu werden, wodurch Rechtsextreme leichtes Spiel hätten. Dies gelte es zu verhindern. Deshalb müsste Bildungsarbeit in Zukunft stärker eine aufsuchende sein.

Sandra Scheeres, Berliner Senatorin für Jugend und Bildung: "Hier wird Demokratie gelernt."
Sandra Scheeres, Berliner Senatorin für Jugend und Bildung: "Hier wird Demokratie gelernt."

Mit Blick auf die Zukunft sprach Josephine Tischner von drei Entwicklungen: Bildungsarbeit werde noch „globaler“ werden, angesichts global vernetzter Herausforderungen. Die Verzahnung mit der virtuellen Welt werde zunehmen. Und Kinder sollten verstärkt Zielgruppe außerschulischer politischer Bildung sein, wie es bei den „Falken“ als Jugendverband seit jeher üblich sei. Diesem Plädoyer schloss sich Reich an und verwies auf die postiven Erfahrungen, die die Bildungsstätte in diesem Bereich gesammelt habe.

Das anschließende Gartenfest bot den alten und neuen Weggefährten die Möglichkeit zum persönlichen Austausch und wurde musikalisch von der Berliner Sängerin Jerrah umrahmt.